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Gottesdienst

Sonntagsgruß für den Sonntag Judika, 29. März - hier anklicken...

Ab sofort veröffentlichen wir hier zu jedem Sonn- und Feiertag einen Textgruß.

Den Sonntagsgruß für den Sonntag Judika,
den 29. März 2020, schreibt Pastor Frank-Ulrich Schoeneberg


„Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.“ 2. Kor 3,18 a

Menschen dürfen ihre Angehörigen im Krankenhaus nicht mehr besuchen, Pflegeheime schließen die Türen und schützen die älteren Bewohner vor der Ansteckung mit dem Corona-Virus. Meine Mutter liegt im Krankenhaus. Zuletzt habe ich sie am Sonntag vor zwei Wochen besucht. Dann wurden die Türen geschlossen. Ich wäre so gern bei euch, sagt sie mir am Telefon. Ich ahne, wie vielen Menschen es so geht, die nun auf Nähe, eine Umarmung, das Streicheln der Hände verzichten müssen und sich deshalb umso schmerzlicher danach sehnen. Wir müssen jetzt alle vernünftig sein, höre ich mich ins Telefon sagen und merke dabei, wie wenig Vernunft trösten kann.

Kitas und Schulen sind geschlossen. Trauerfeiern finden in den kirchlichen Kapellen nicht mehr statt, Gottesdienste in allen Gotteshäusern sind untersagt – wer hätte sich das jemals vorstellen können?

Die Vernunft schränkt im Alltag normale und übliche Verhaltensmöglichkeiten ein. Wer ginge jetzt etwa nicht gern in der Frühlingssonne Bummeln, setzte sich in ein Café, um sich mit Freunden oder Bekannten zu treffen? Am besten bleiben Sie zu Haus – heißt es in den Zeiten der Krise. Man möchte gern, aber man soll nicht… Verzicht, Einschränkung und enorme Belastung: Kinder müssen zu Hause betreut werden, was für Eltern schwer zu organisieren ist. Vielleicht ein paar Tage, auch noch zwei Wochen, aber dann? Das sogenannte „Homeoffice“ ist nur den Eltern möglich, die einen Arbeitsplatz am Schreibtisch haben. Die Kassiererin im Supermarkt wird ihren Arbeitsplatz im „Publicoffice“ gegen nichts eintauschen können.

Ich finde, es gibt derzeit unzählige Heldinnen und Helden, die das alles meistern, vernünftig und ruhig. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr kommen sie mir in den Sinn: alle jene zuerst, die in Berufen der allgemeinen Daseinsfürsorge tätig sind, diejenigen, die das, was ein Gemeinwesen braucht, leisten. Aber eben auch jene, die den Alltag managen, helfen, wo es unter den eingeschränkten Bedingungen geht, die aber ansonsten bleiben, wo sie sind: zu Hause, fern von den anderen, um so für die Fernen, für alle zu sorgen. Es geht eben nicht nur um Selbstschutz, sondern um den Schutz der Anderen. Dass die Infektionsrate so niedrig wie möglich ausfällt, damit das Gesundheitssystem nicht zusammenbricht, darum geht es – vernünftig, aber tröstet es?

Was trösten kann, ist das Wissen, dass es um ein gemeinschaftliches Handeln geht. Die Einschränkungen betreffen ja nicht nur mich allein. Den anderen geht es auch so. Auch wenn wir jeder für uns bleiben, handeln wir auf diese Weise doch gemeinschaftlich – paradox, aber genauso ist es.

Als Kirche haben wir eine Vorstellung von Gemeinschaft, die nicht nur das Sichtbare betrifft. Wir bekennen auch eine unsichtbare, eine geistliche Dimension unserer Kirche. Im Bekenntnis sprechen wir von der Gemeinschaft der Heiligen, die alle unsichtbar umfasst, auch die vor uns waren. Nicht, weil wir perfekt sind, sondern weil Gott uns stärkt, liebt und uns in diesem Sinne „heiligt“. Diese unsichtbare Gemeinschaft schenkt uns Gottes Geist und seine Kraft, die uns Verbundenheit spüren und erfahren lässt. Auch bei mir zu Hause weiß ich mich in dieser unsichtbaren Gemeinschaft verbunden. Ich falte die Hände, bin nicht mehr allein und bin mitten drin. In Zeiten der Krise verlasse ich mich darauf, dass Gottes Geist mir und uns hilft, auch getrennt zusammen zu stehen, fern zu bleiben, um für einander da zu sein. Vernunft lehrt mich zu handeln, aber der Glaube tröstet mich.

Ich wünsche uns allen die Ermutigung und Kraft unseres Glaubens, dass nichts und niemand uns die Gemeinschaft nehmen kann, die Gott schenkt – auch in Zeiten der Krise nicht.

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