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Gottesdienst

Audio-Predigt für den 2. Sonntag in der Passionszeit, den 28. Februar 2021 - hier anklicken...

Von Pastorin Susanne Bostelmann

Sie können die Predigt hören, indem Sie im folgenden Kästchen auf die Pfeilspitze klicken.



Hier ist der Text der Predigt zum Lesen.

Lesung Jesaja 5,1-7

5,1Ein Lied von meinem Freund will ich euch singen. Es ist das Lied von meinem Freund und seinem Weinberg: Mein Freund hatte einen Weinberg auf einem fruchtbaren Hügel.2 Er grub ihn um, entfernte die Steine und bepflanzte ihn mit den besten Weinstöcken. Mittendrin baute er einen Wachturm. Auch eine Kelter zum Pressen der Trauben hob er aus. Dann wartete er auf eine gute Traubenernte, aber der Weinberg brachte nur schlechte Beeren hervor.
3 Jetzt urteilt selbst, ihr Einwohner von Jerusalem und ihr Leute von Juda! Wer ist im Recht – ich oder mein Weinberg? 4 Habe ich irgendetwas vergessen? Was hätte ich für meinen Weinberg noch tun sollen? Ich konnte doch erwarten, dass er gute Trauben trägt. Warum hat er nur schlechte Beeren hervorgebracht?
5 Ich will euch sagen, was ich mit meinem Weinberg tun werde: Die Hecke um ihn herum werde ich entfernen und seine Schutzmauer niederreißen. Dann werden die Tiere ihn kahlfressen und zertrampeln.6 Ich werde ihn völlig verwildern lassen: Die Reben werden nicht mehr beschnitten und der Boden nicht mehr gehackt. Dornen und Disteln werden ihn überwuchern. Den Wolken werde ich verbieten, ihn mit Regen zu bewässern.
7 Wer ist dieser Weinberg? Der Weinberg des Herrn Zebaot, das sind die Bewohner von Israel. Die Leute von Juda, sie sind sein Lieblingsgarten. Gott wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit.

Predigt

Liebe Gemeinde,

Die Arbeit im Weinberg ist kräftezehrende Handarbeit. Sie beginnt im Januar mit dem Rebschnitt gegen wildwachsende Triebe und endet erst nach dem ersten Frost im Spätherbst, wenn der Eiswein gelesen ist. Winzerinnen gehen sehr sorgfältig mit dem Weinstock um und wenden sich jedem einzelnen zu. Statistisch wird jede Rebe 17mal im Jahr besucht. Diese intensive Zuwendung ist die Voraussetzung für eine gute Ernte.
Aber nicht immer ausreichend. Bei aller Sorgfalt bleiben Unwägbarkeiten. Wenn die Sonne die Trauben verbrennt oder zu viel Regen sie verschimmeln lässt, Dürreperioden, Frost und Schädlinge setzen dem Weinberg zu. Das kann die Arbeit eines ganzen Jahres zunichtemachen.

Vergebliche Liebesmüh… Das erleben wir nicht nur die Winzer im Weinberg. Egal ob eine Freundschaft oder eine Liebesbeziehung: Manchmal stecke ich viel Zeit und Kraft in den Kontakt mit einem Menschen und plötzlich scheint alles umsonst. Verwitwete erleben, dass alte Freundschaften zerbrechen, weil diese die Trauer nicht aushalten. Manche erleben in der Krisenzeit wie jetzt im Lockdown plötzlich Seiten an dem Partner oder der Mitbewohnerin, die sie vorher nie erlebt haben. Oder der vielversprechende Anfang mit der neuen Nachbarin läuft ins Leere.
Wie enttäuschend ist das, viel eingebracht und von sich selbst gezeigt zu haben und am Ende war alles umsonst. Vergebliche Liebesmüh – manche mögen sich nach so einer Erfahrung lieber gar nicht mehr an jemanden binden. Aufgeben oder es weiter versuchen, an der Beziehung arbeiten?

Für Winzer kommt aufzugeben nicht in Frage. Sie brauchen einen langen Atem. Nach einem schlechten Jahrgang, nach vergeblicher Liebesmüh eines Jahres, beginnt für sie mit dem Rebschnitt am Jahresbeginn ihr Bemühen um den Weinberg aufs Neue. Wohl auch darum ist der Weinberg in der Bibel ein Sinnbild für innige Beziehungen, für Frieden und Wohlstand.
In diesem Geist beginnt das Weinberglied von Jesaja: als Liebeslied zwischen dem Weingärtner und dem Weinberg: Mein Freund hatte einen Weinberg auf einer fetten Höhe. Und er grub ihn um und entsteinte ihn und pflanzte darin edle Reben. Nur: er brachte schlechte Trauben. Verlorene Liebesmüh – und, das ist die Katastrophe: diesmal kein Neuanfang mit dem neuen Jahr. Die Enttäuschung wird zu in Zorn und Abkehr. Der Weinberg wird verlassen, sich selbst überlassen.
Manchmal ist es sicher gut, einen Schlussstrich zu ziehen. Das habe ich manchmal schon Paaren oder in Familien geraten, um Abstand in eine verfahrene Situation zu bringen.

Unser Text schildert eine Beziehungskrise Aber, wie furchtbar: hier geht es nicht um 2 Menschen, sondern um Gottes Liebe zu uns. Gott ist zornig und klagt über die Menschenkinder, über das Gottesvolk, das er liebt und gehegt und gepflegt hat wie eine Winzerin ihren Weinstock. Gott hat den Menschen, dem Volk, alles gegeben, was sie brauchen, um gut zu wachsen und Gottes Fülle zu erfahren, um ein gutes Miteinander zu führen. Aber, an dem Zusammenleben und den Taten der Menschen lässt sich erkennen: Gottes Liebe hat keine Früchte getragen: Gott wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit. (Jes 5,1-7)
Ist es so verfahren zwischen Gott und uns? Droht Gott hier uns zu verlassen? Das lässt mich schaudern.

Rechtsbruch statt Rechtsspruch, Schlechtigkeit statt Gerechtigkeit – da kann ich auch heute vieles einsetzen:
Gott hat uns die wunderbare Schöpfung geschenkt, von ihr leben wir, können ernten, was wir brauchen – aber statt sie zu hegen und zu pflegen, erleben wir Waldsterben, Mikroplastik in Lebewesen rund um den Globus, vergiftete Böden und Klimakrise.
Dieses Handeln bleibt nicht folgenlos: wenn wir Tiere nicht artgerecht halten, kommt es zur Verbreitung von Viren wie Covid19, die nun auf Menschen übergesprungen sind und katastrophale Folgen haben weltweit.
Gott wartete auf Rechtsspruch, siehe, da war Rechtsbruch, auf Gerechtigkeit, siehe, da war Geschrei über Schlechtigkeit. (Jes 5,1-7)
Gott hat uns die Leitlinien des Zusammenlebens wie die 10 Gebote geschenkt. Immer wieder sind sie eingepflügt worden, um guten Boden zu bereiten für unser Miteinander, im Kleinen wie weltweit – aber da ist Ausbeutung und Gier. Kriege werden geführt um Macht und um Güter. Machthaber handeln nach ihren eigenen Regeln.
Liebe Gott, deine Nächsten und dich selbst, lautet die Zusammenfassung der biblischen Leitlinien - liebe dich selbst am meisten, scheint die Essenz vieler Mächtiger und Konzernleitungen zu sein.
Rechtsbruch und Schlechtigkeit gibt es heute wie allezeit – und heute führt Gott uns vor Augen: Handeln ohne Gerechtigkeit und Rechtsspruch hat eine öde lebensfeindliche Wüstenei zur Folge. Wüster Wildwuchs der Stärksten erstickt das Leben aller Schwächeren. Gott ist enttäuscht, und hinter dem Zorn höre ich Trauer: Gott trauert darum, dass unser Miteinander, untereinander, aber vor allem mit Gott gestört ist. Immer wieder, trotz so vieler Angebote von Gottes Seite, leben wir, als ob wir ohne Gott auskommen könnten.
Gott fragt sich, ob alles vergebliche Liebesmüh war mit uns Menschenkindern. Wir sind in einer Beziehungskrise.

Schmeißt Gott alles hin und verlässt uns?
Hoffen wir, dass es anders kommt. Dass dieser Text eine Warnung ist. Hoffen wir, dass Gott uns doch eine Chance zur Umkehr gibt wie Gott sie Ninive gab. Wir können von Ninive lernen: Als Jona die Bevölkerung konfrontierte mit dem Unrecht und der Schlechtigkeit in der Stadt, hörten sie dem Propheten zu. Sie verstanden, dass sie auf falschem Weg waren und fasteten. Sie übernahmen Verantwortung, der König vorweg. Und nahmen sich eine Auszeit zur Buße.
Das tut Not: Unrecht erkennen, benennen und umsteuern.
Umkehren zu Gott, um das zerrüttete Verhältnis wieder aufbauen. Mit Gott ins Gespräch kommen. Mit dem Ps 25 bete ich: Gedenke, Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte, die von Ewigkeit her gewesen sind.

Mich an Gott zu wenden hilft mir. Aber von Gott werde ich auch angefragt: Wie lebst du? Wie gehst du mit anderen um? Trägst du durch dein Verhalten etwas dazu bei, dass gerechte Lebensverhältnisse weltweit Wirklichkeit werden?
Unser Verhältnis zu Gott ist keine Einbahnstraße. Gott schenkt uns fruchtbaren Grund, in dem wir wachsen können. Das ist auch eine Verpflichtung.
Diese Lockdown-Zeit könnte eine Zeit der Besinnung und Umkehr sein - um dann neu zu beginnen. Früchte der Gerechtigkeit und des Friedens sollen wir tragen in Gottes Weinberg. Und Barmherzigkeit leben, wie wir immer wieder bitten um Gottes Barmherzigkeit.
Amen

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